Die
Praxis der Berichterstattung in den Tageszeitungen Thüringer Allgemeine,
Thüringische Landeszeitung und Ostthüringer Zeitung über
Kulturereignisse im Freistaat, insbesondere über die Theater, kritisiert
der Kulturrat Thüringen ausdrücklich. Damit reagiert der Verband auf
einen Brief von Steffen Mensching, Intendant des Theaters Rudolstadt.
Der Kulturrat stellt fest, dass sich die
vor einiger Zeit begonnenen Umstrukturierungen innerhalb der
Zeitungsgruppe Thüringen zunehmend negativ auf die Vielfalt der
Medienlandschaft im Freistaat und den Meinungspluralismus auswirken. Der
verstärkte Austausch von Artikeln zwischen den einzelnen Blättern TA,
TLZ und OTZ führt zu einer Verarmung des kulturellen Diskurses. Da es
zwischen den Redaktionen Absprachen von Terminen gibt, so dass nur noch
ein Theaterkritiker zu Premieren etc. erscheint, findet ein
publizistischer Wettbewerb kaum noch statt und die jeweiligen Zeitungen
erlangen eine unerwünschte Monopolstellung.
Mit Sorge muss der Kulturrat
konstatieren, dass die Redaktionen in ihrer Berichterstattung inzwischen
stärker unterscheiden, ob sich ein Theater in den thüringischen
Metropolen Erfurt, Weimar, Jena oder in den Kleinstädten befindet. Die
ausgezeichnete Arbeit der kleineren Häuser wird nur noch in
eingeschränktem Maß gewürdigt; das bedeutet, dass sie zunehmend aus der
öffentlichen Wahrnehmung verschwinden. Die gravierenden
kulturpolitischen Folgen liegen auf der Hand.
Darüber hinaus ist eine thüringenweit
ausgewogene und gleichberechtigte Berichterstattung über alle
Kultursparten wünschenswert und von großer Bedeutung. Aus diesen
Gründen bemüht sich der Kulturrat Thüringen um ein Gespräch mit der
Zeitungsgruppe Thüringen.
Brief von Steffen Mensching, Intendant des Theaters Rudolstadt, an den Kulturrat Thüringen
Thüringen beruft sich auf den Status,
Kulturland zu sein. Blickt man indessen in die Tageszeitungen des
Freistaats, kommen einem Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieses schönen
Anspruchs. Die großen Printmedien TA, OTZ und TLZ haben in den letzten
Monaten Veränderungen in ihrem Profil und Erscheinungsbild durchgeführt,
die den Stellenwert der Kultur – entgegen allen Lippenbekenntnissen –
deutlich herabstufen. Das Ressort wurde in allen drei Blättern nach
hinten verschoben. Einstmals als Aufmacher der Thüringenseiten an
deutlich prominenter Stelle platziert, erscheint der Kulturteil nun auf
der letzten Seite, nach Rubriken wie „Land & Leute“, dem
Länderspiegel, einem Ratgeber- oder Anzeigen- und Annoncenteil. Mag
diese Veränderung in ihrer Wirkung noch diskussionswürdig sein, so
bedeutet eine weitere Maßnahme eine klare Reduktion der
Kulturberichterstattung im Land.
Mehr und mehr geht man dahin über,
Artikel und Kritiken der einen Zeitung modifiziert oder unverändert in
den anderen Blättern nachzudrucken. Diese Methode – die man
Gleichschaltung nennen müsste, wäre das Wort nicht historisch besetzt –
begann in den Online-Ausgaben und wird jetzt in den Printversionen
nachgeholt. Zudem scheint die gegenwärtige Praxis dahin zu tendieren,
dass Theaterkritiker künftig nur noch in jene Standorte fahren werden,
die im „direkten Verbreitungsgebiet“ der jeweiligen Zeitung liegen. Man
zeichnet sich also nicht mehr für die Kultur im Kulturland
verantwortlich, sondern nur noch für regionale Kulturräume. Ein solches
Verhalten befördert Provinzialismus, verhindert Vergleich und eine
anzustrebende kulturelle Vernetzung im Land. Für die Kulturbetriebe,
namentlich die Theater des Freistaats, bedeutet das, dass die Begleitung
durch die Presse immer mehr an Vielfalt einbüßt und zur Einstimmigkeit
tendiert.
Damit nimmt man den Theatern, als
sinnliche Experimentieranstalten zur Reflexion sozialer Realität nicht
nur ein wichtiges Informationsmittel, sondern auch ein notwendiges
kritisches Gegenüber. Die Folge: die Kommunikation zwischen dem Publikum
und den Kunstbetrieben wird eingeschränkt. Die jeweiligen regionalen
Zeitungen erlangen eine Monopolstellung, die niemandem gefallen kann.
Einseitige Abhängigkeiten gefährden die Kunstfreiheit und schmälern das
Niveau gesellschaftlicher intellektueller Auseinandersetzung. Auch
politisch ist eine solche Entwicklung gerade im Osten Deutschlands das
falscheste Zeichen. Pressefreiheit fordert und fördert den Pluralismus
von Meinungen. Sie bildet das Fundament einer demokratischen
Gesellschaft.
Aus genannten Gründen fordern wir, das
Theater Rudolstadt, den Thüringer Kulturrat auf, sich an die
Verantwortlichen der Zeitungsgruppe Thüringen zu wenden, mit der
dringenden Bitte, die Meinungsvielfalt der kulturellen Berichterstattung
auszubauen statt aus Effizienzgründen einzugrenzen. In einem Kulturland
sollten Kunst und Kultur auch für die Presse mehr als Pflichtaufgaben
sein.
[Quelle: Pressemitteilung Kulturrat Thüringen / www.kulturrat-thueringen.de ]